…to be on good terms

Das semiotische Dreieck – Term, Begriff und Gegenstand einfach erklärt

Wie entsteht Bedeutung in der Fachsprache? Warum führen unterschiedliche Benennungen für denselben Gegenstand zu Missverständnissen – und wie hilft ein klarer Begriff dabei, Ordnung in komplexe Inhalte zu bringen? Das semiotische Dreieck (auch semantisches Dreieck genannt) beantwortet genau diese Fragen.

In der Terminologiearbeit ist es ein zentrales Modell: Es macht sichtbar, wie Term (Benennung), Begriff (Concept) und Gegenstand (Referent) zusammenhängen. Auf dieser Grundlage lassen sich Fachterminologie, Übersetzungen und Wissensbestände strukturiert aufbauen – beispielsweise in einer Terminologiedatenbank wie flashterm.

Was ist das semiotische Dreieck?

Das semiotische Dreieck geht auf Ogden und Richards zurück und beschreibt das Verhältnis zwischen sprachlichen Zeichen und Wirklichkeit. Für die Terminologiearbeit lässt es sich präzise anpassen:

Illustration: Semiotisches Dreieck mit Term, Begriff und Gegenstand
Das semiotische Dreieck: Term, Begriff und Gegenstand im Zusammenspiel.

Die drei Ecken des Dreiecks lassen sich wie folgt beschreiben:

Die Beziehungen im Dreieck

Begriff ↔ Gegenstand: die direkte Beziehung

Die Beziehung zwischen Begriff und Gegenstand ist unmittelbar: Begriffe entstehen aus der Wahrnehmung, Erfahrung und Abstraktion von Gegenständen. Der Begriff bündelt die relevanten Merkmale, die für Kommunikation und Dokumentation wichtig sind.

Term ↔ Begriff: die sprachliche Konvention

Die Beziehung zwischen Term und Begriff ist konventionell: Fachcommunity, Unternehmen oder Normen entscheiden, welcher Term für welchen Begriff verwendet werden soll. Deshalb kann derselbe Begriff in verschiedenen Sprachen unterschiedliche Benennungen haben – aber in der Terminologiearbeit sollte er immer eindeutig definiert sein.

Term ↔ Gegenstand: nur indirekt verbunden

Ein Term bezeichnet einen Gegenstand nie direkt, sondern immer über den Begriff. Das erklärt, warum:

Eine kurze Geschichte zur Veranschaulichung

Mira arbeitet in einem kleinen Labor für Medizintechnik. Als sie morgens ihren Arbeitsplatz betritt, steht dort ein neues, kompaktes Gerät – sorgfältig verpackt, mit Sicherheitsetiketten und einer Abdeckung über der Optikeinheit. Sie hat so ein Modell noch nie gesehen.

1. Der Gegenstand

Der reale Gegenstand ist zuerst da: ein medizinisches Präzisionsgerät mit Anschlüssen, Warnhinweisen und einer Bedienoberfläche. Wahrnehmbar, aber noch ohne Bedeutung.

2. Der Begriff entsteht

Mira öffnet die technische Dokumentation. Sie liest von einem System, das gepulste Laserenergie für minimalinvasive Schnitte nutzt und durch optische Führung besonders präzise arbeitet. Aus diesen Merkmalen formt sich ein Begriff: ein Gerät, das Lichtenergie kontrolliert einsetzt, um Gewebe schonend zu trennen.

3. Die Benennung – der Term „Lumio“

Ihr Kollege Jonas erklärt: „Das ist unser neues System für die Feinschnitt-Chirurgie. Intern nennen wir es ‘Lumio’.“ Der Term ist also die Benennung, die das Team für diesen konkreten Begriff verwendet.

Damit verbindet Mira:

4. Das Dreieck wird sichtbar

Der Term „Lumio“ erhält seine Bedeutung nicht durch das Wort selbst, sondern dadurch, dass er über den Begriff auf einen klar definierten Gegenstand verweist. Erst diese Verbindung macht Kommunikation eindeutig.

Warum das semiotische Dreieck für Terminologiearbeit so wichtig ist

Tools wie flashterm folgen diesem Ansatz: Erst der Begriff, dann die Terme – für konsistente Kommunikation, Übersetzung und Dokumentation.

Anwendungsbeispiele aus der Praxis

Fazit

Das semiotische Dreieck ist eine Denkstütze für alle, die mit Fachsprache arbeiten. Wer versteht, wie Term, Begriff und Gegenstand zusammenspielen, schafft die Grundlage für klare Kommunikation und effiziente Prozesse.

Ein Term, viele Bedeutungen – das Beispiel „Filter“

In einem anderen Workshop fragte jemand: „Warum brauchen wir überhaupt so viel Terminologiearbeit? Jeder weiß doch, was ein Filter ist.“ Doch schon der zweite Blick zeigte: Der Term „Filter“ gehört zu den gefährlichsten Mehrdeutigkeiten.

1. Ein Wort – völlig unterschiedliche Begriffe

Auf die Frage „Was ist ein Filter?“ entstehen je nach Fachgebiet völlig verschiedene mentale Bilder:

Ein einziger Term – aber die Gegenstände und Begriffe dahinter haben kaum etwas gemeinsam. Ohne festgelegten Begriff bleibt unklar, was tatsächlich gemeint ist.

2. Begriffe schaffen Klarheit

In der Terminologiearbeit wird daher jeder Begriff präzise definiert und einem Fachgebiet zugeordnet. Nur so lässt sich der Term richtig verwenden, übersetzen und dokumentieren.

Erst diese Begriffsebene entscheidet, was der Term „Filter“ bedeutet – und verhindert Missverständnisse zwischen Ingenieur, IT-Abteilung, Labor und Dokumentation.

3. Ein Praxisfall

In einem Projekt zur Entwicklung eines Lasergeräts erhielt ein Übersetzer die Anweisung: „Filter regelmäßig prüfen und reinigen.“

Doch im Gerät gab es zwei völlig unterschiedliche Filtertypen:

Derselbe Term – aber zwei Begriffe mit entgegengesetzten Handlungsanweisungen. Ohne klare Terminologie hätte dies zu einem sicherheitskritischen Fehler geführt.

Das Beispiel zeigt deutlich: Ein Term allein reicht nicht. Erst der Begriff macht die Bedeutung eindeutig.

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